MENU
 

Der Weg zur Energieautonomie

Am 20. April hat das Land Umweltorganisationen, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden den Entwurf des „spezifischen Teils“ des Klimaplans Südtirol 2040 vorgestellt. Der Südtiroler Energieverband SEV, der zu diesem Treffen nicht eingeladen worden war, legt jetzt – als konstruktiven Beitrag zur Klimadebatte – eine eigene Stellungnahme zum Arbeitspapier des Landes vor. „Wir wollen uns an der Diskussion mit unserem in vielen Jahrzehnten erworbenen Fachwissen beteiligen“, stellt SEV-Direktor Rudi Rienzner fest. Schließlich sei Klimapolitik heute immer auch Energiepolitik. 

Im Zentrum des Klimaplans Südtirol sollten demnach die bevorzugte Nutzung einheimischer  erneuerbarer Energieträger und der Aufbau von regionalen und eng miteinander vernetzten Wirtschaftskreisläufen stehen. Rudi Rienzner: „Je mehr Strom und Wärme wir mit den eigenen Ressourcen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse erzeugen, desto größer wird unsere Energieautonomie sein“. Beispielhaft für die Erreichung dieses Zieles seien kleine und mittlere Energiebetriebe sowie Energiegenossenschaften, die in Südtirol Dörfer und Talschaften seit vielen Jahrzehnten zuverlässig und bürgernah mit „grüner“ Energie versorgen. Daher müsse eine zeitgemäße Klimapolitik – wie auch die Energiewende – dezentral und demokratisch angelegt sein. „Nur wer die Menschen wirklich anhört und mitnimmt, kann etwas erreichen“. 

Der SEV stimmt vielen Vorhaben im „spezifischen Teil“ des Klimaplans zu und ergänzt diese mit Vorschlägen in den Kernbereichen Wasserkraft, Fernwärme, Biogas, Windenergie und Photovoltaik. So dürfe im Klimaplan ein „explizierter Hinweis“ auf die wichtige Rolle der einheimischen Wasserkraft nicht fehlen. Noch nicht ausgeschöpfte Potentiale der Wasserkraft seien – vor allem – die Optimierung und Modernisierung bestehender Anlagen sowie die – ökologisch unbedenkliche – Errichtung von neuen Kraftwerken an noch nicht erschlossenen Fließstrecken. Laut den Berechnungen des SEV beträgt das Ausbaupotenzial der Wasserkraft in Südtirol etwa zwei Terawattstunden (TWh). Zum Vergleich: In Südtirol werden jährlich 6,8 TWh Strom produziert und 88 Prozent dieser „grünen“Energie erzeugen Wasserkraftwerke. 

Laut eines vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Gutachtens wird der Bruttostromverbrauch in Deutschland 2030 auf 658 TWh und damit um elf Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 ansteigen.  Haupttreiber für den zusätzlichen  Konsum von elektrischer Energie sind der Verkehr, elektrische Wärmepumpen in Gebäuden und Wärmenetzen, die Erzeugung von Elektrolyse-Wasserstoff sowie die Produktion von Batterien. „Auch in Südtirol wird der Stromverbrauch in den kommenden Jahren wachsen und der Klimaplan muss diese Entwicklung schon jetzt berücksichtigen“, erklärt Rudi Rienzner. 

Im Bereich Fernwärme begrüßt der SEV das vom Land vorgeschlagenen Maßnahmenpaket zugunsten der Biomasse-Heizwerke und schlägt zusätzliche Förderungen für die Optimierung und Effizienzsteigerung älterer Anlagen sowie für die Ausweitung der Leitungsnetze vor. Der SEV befürwortet die Solar-Offensive des Landes. Dasvorgegebene Ausbauziel seit durch die ausschließliche Nutzung von Dach- und Fassadenflächen allerdings nur „schwer erreichbar“. Eine landschaftsschonende Agro-Photovoltaik könnte einen „ausschlaggebenden Beitrag“leisten, landwirtschaftliche Betriebe unterstützen und zudem die ökologische Vielfalt schützen. 

Darüber hinaus schlägt der SEV vor, „dass der Bereich Biogas explizit in den spezifischen Teil aufgenommen wird“. So seien für Biogas auch in Südtirol – neben der Erzeugung von Strom und Wärme – zahlreiche attraktive Einsatzmöglichkeiten denkbar: als Antriebsgas für LKW, als „grüner Wasserstoff“ oder als biologisches Kältemittel in der Lebensmitteltechnik. Heute werden nur 20 Prozent (!) des vorhandenen tierischen Wirtschaftsdüngers aus Südtirol für die Biogasproduktion genutzt – das nicht genutzte Potential ist in diesem Bereich also sehr groß.  
 
 
Zurück zur Liste