Unsere Mitglieder: Ligna Calor im Gadertal
27.03.2023
Warum baut ein Erdölhänder ein Biomasse-Fernheizwerk? Ligna Calor-Präsident Luigi Frenademetz über die Geschichte des Unternehmens, die Herkunft des Brennholzes und technische Innovationen.
Eine Pionierleistung: 1995 wurde in Stern im Gadertal die Ligna Calor Frenademetz AG gegründet, die dort das zweite Biomassefernheizwerk in Südtirol errichtet. Ihr Vater gehörte zu den Unternehmensgründern und handelte mit Erdöl. Warum hat er sich für thermische Energie aus „grüner“ Biomasse und gegen den fossilen Brennstoff Öl entschieden?
Luigi Frenademetz: Wichtige Gründe für die Entscheidung zugunsten der Biomasse waren die Ölkrisen in den Jahren 1973 und 1977 und die Verlegung der Erdgasleitung über das Grödnerjoch in Richtung Corvara und Abtei. Mein Vater sah wie sich der Osten und die ladinischen Täler in Südtirol langsam „methanisierten“ und das hat ihn als Heizölhändler etwas ratlos gemacht. Die Verfügbarkeit und der Preis der fossilen Brennstoffe hängen allerdings von der internationalen Politik ab. Mein Vater wollte daher in der Energieversorgung ein Zeichen der Unabhängigkeit und der Klimafreundlichkeit setzen
Von der autonomen Heizung zur kollektiven Versorgung mit Wärme: Wie haben die Menschen in Stern Mitte der 1990er Jahre auf das Angebot eines nachhaltigen Systemwechsels reagiert?
Die Menschen haben vor allem Vertrauen und Zuversicht gezeigt. Es wurden damals Treffen organisiert und das Projekt wurde im Dorf vorgestellt. 1994 gab es 60 Anschlussverpflichtungen und acht Kapitalgeber wie die Gemeinde Abtei, Hoteliers und einige Unternehmen. Somit konnte das Projekt im Jahre 1995 starten. Im ersten Betriebsjahr war nur der zentrale Dorfteil an die Fernwärme angeschlossen, in den darauffolgenden Jahren wurde das Verteilernetz dann über die ganze Ortschaft Stern ausgedehnt. Heute hat Ligna Calor mehr als 400 Kundinnen und Kunden.
Welche Vorteile bietet die lokale Produktion von Wärme heute der Dorfgemeinschaft und den Verbraucherinnen und Verbraucher in Stern?
Ich bin davon überzeugt, dass die Umwelt am meisten profitiert. Vergleicht man die Fernwärme mit dem Heizöl, dann kann man feststellen, dass wir in Stern jährlich über 3.000 Tonnen CO2 eingesparten. Lokale Wärmeproduktion bedeutet kurze Transporte, neue Arbeitsplätze, Pflege der Wälder und die Erhöhung des Bruttoinlandsprodukt. Die Frage der Vorteile wird mir oft von potentiellen Kunden gestellt: Darauf antworte ich, dass wir ein lokaler und bodenständiger Partner sind, mit dem man reden und verhandeln kann. Die Entscheidung für Fernwärme aus Biomasse bedeutet klimafreundlich sein, Minimierung der Brand- und Explosionsgefahr, kaum Instandhaltungskosten und von der internationalen Politik unabhängig sein.
Auch bei der Versorgung mit Fernwärme spielt der Preis eine wichtige Rolle. Sind Bürgernähe und Bodenständigkeit ebenfalls entscheidende Faktoren?
Die Gasleitung wurde hier neben unseren Fernwärmeleitungen verlegt und es hat Zeiten gegeben, in denen die Konkurrenz gerade bei der Versorgung von Unternehmen hoch war. Für uns spielen die Qualität der Dienstleistung und der persönliche Kontakt eine wichtige Rolle. Wir streben einen professionellem Kundenservice an, mit 24-stündiger Bereitschaft und seriöser Büroarbeit. Der Preis soll nicht immer an erster Stelle stehen.
Woher stammt die im Heizwerk verfeuerte Biomasse – und gibt es noch andere Energiequellen, die für die Produktion und Verteilung von Wärme genutzt werden?
Die Biomasse stammte in den vergangenen Jahren bis zu 95 Prozent aus dem eigenen Tal. Nach dem Vaja-Sturm, ausgiebigen Schneefällen und der Borkenkäfer-Plage haben wir uns nur noch auf die einheimische Biomasse konzentriert. Damit haben wir Bauern und Waldbesitzer in schwierigen Zeiten unterstützt. Momentan verfügen wir für knappe zwei Jahre über ausreichend Rohstoff. Dies bewirkt Preisstabilität für unsere Kunden und Verlässlichkeit für die Waldbesitzer. Das einzige Sägewerk im Gadertal beliefert uns seit 27 Jahren mit Hackgut. Wenn der Verbrauch am höchsten ist, wird die in Pufferspeichern gespeicherte Energie genutzt. Sollte das nicht ausreichen, kommen ein Bioöl und, als letzte Reserve, ein Ölkessel zum Einsatz.
Sprechen wir über technische Innovationen und die Entwicklung neuer Angebote. Welche Perspektiven für die Zukunft gibt es für Ihren Betrieb?
Wir versuchen bei der Digitalisierung am Ball zu bleiben und unseren Kunden Online-Regelungssysteme anzubieten. Es gibt auch tolle Wärmsysteme und gute Lösungen für Neu- und bestehende Bauten. Vor allem die Möglichkeit, den Verbrauch in einem Gebäude mit mehreren Abnehmern individuell aufzuteilen, wird von unseren Kunden geschätzt. Wir verfolgen neue Produktionsprozesse und Verfahrenstechniken und auch eine zusätzliche Stromproduktion mit Biomasse ist nicht auszuschließen. Auch ein Zusammenschluss mit anderen lokalen Energieproduzenten wäre möglich - denn gemeinsam sind wir stark.
Eine Pionierleistung: 1995 wurde in Stern im Gadertal die Ligna Calor Frenademetz AG gegründet, die dort das zweite Biomassefernheizwerk in Südtirol errichtet. Ihr Vater gehörte zu den Unternehmensgründern und handelte mit Erdöl. Warum hat er sich für thermische Energie aus „grüner“ Biomasse und gegen den fossilen Brennstoff Öl entschieden?
Luigi Frenademetz: Wichtige Gründe für die Entscheidung zugunsten der Biomasse waren die Ölkrisen in den Jahren 1973 und 1977 und die Verlegung der Erdgasleitung über das Grödnerjoch in Richtung Corvara und Abtei. Mein Vater sah wie sich der Osten und die ladinischen Täler in Südtirol langsam „methanisierten“ und das hat ihn als Heizölhändler etwas ratlos gemacht. Die Verfügbarkeit und der Preis der fossilen Brennstoffe hängen allerdings von der internationalen Politik ab. Mein Vater wollte daher in der Energieversorgung ein Zeichen der Unabhängigkeit und der Klimafreundlichkeit setzen
Von der autonomen Heizung zur kollektiven Versorgung mit Wärme: Wie haben die Menschen in Stern Mitte der 1990er Jahre auf das Angebot eines nachhaltigen Systemwechsels reagiert?
Die Menschen haben vor allem Vertrauen und Zuversicht gezeigt. Es wurden damals Treffen organisiert und das Projekt wurde im Dorf vorgestellt. 1994 gab es 60 Anschlussverpflichtungen und acht Kapitalgeber wie die Gemeinde Abtei, Hoteliers und einige Unternehmen. Somit konnte das Projekt im Jahre 1995 starten. Im ersten Betriebsjahr war nur der zentrale Dorfteil an die Fernwärme angeschlossen, in den darauffolgenden Jahren wurde das Verteilernetz dann über die ganze Ortschaft Stern ausgedehnt. Heute hat Ligna Calor mehr als 400 Kundinnen und Kunden.
Welche Vorteile bietet die lokale Produktion von Wärme heute der Dorfgemeinschaft und den Verbraucherinnen und Verbraucher in Stern?
Ich bin davon überzeugt, dass die Umwelt am meisten profitiert. Vergleicht man die Fernwärme mit dem Heizöl, dann kann man feststellen, dass wir in Stern jährlich über 3.000 Tonnen CO2 eingesparten. Lokale Wärmeproduktion bedeutet kurze Transporte, neue Arbeitsplätze, Pflege der Wälder und die Erhöhung des Bruttoinlandsprodukt. Die Frage der Vorteile wird mir oft von potentiellen Kunden gestellt: Darauf antworte ich, dass wir ein lokaler und bodenständiger Partner sind, mit dem man reden und verhandeln kann. Die Entscheidung für Fernwärme aus Biomasse bedeutet klimafreundlich sein, Minimierung der Brand- und Explosionsgefahr, kaum Instandhaltungskosten und von der internationalen Politik unabhängig sein.
Auch bei der Versorgung mit Fernwärme spielt der Preis eine wichtige Rolle. Sind Bürgernähe und Bodenständigkeit ebenfalls entscheidende Faktoren?
Die Gasleitung wurde hier neben unseren Fernwärmeleitungen verlegt und es hat Zeiten gegeben, in denen die Konkurrenz gerade bei der Versorgung von Unternehmen hoch war. Für uns spielen die Qualität der Dienstleistung und der persönliche Kontakt eine wichtige Rolle. Wir streben einen professionellem Kundenservice an, mit 24-stündiger Bereitschaft und seriöser Büroarbeit. Der Preis soll nicht immer an erster Stelle stehen.
Woher stammt die im Heizwerk verfeuerte Biomasse – und gibt es noch andere Energiequellen, die für die Produktion und Verteilung von Wärme genutzt werden?
Die Biomasse stammte in den vergangenen Jahren bis zu 95 Prozent aus dem eigenen Tal. Nach dem Vaja-Sturm, ausgiebigen Schneefällen und der Borkenkäfer-Plage haben wir uns nur noch auf die einheimische Biomasse konzentriert. Damit haben wir Bauern und Waldbesitzer in schwierigen Zeiten unterstützt. Momentan verfügen wir für knappe zwei Jahre über ausreichend Rohstoff. Dies bewirkt Preisstabilität für unsere Kunden und Verlässlichkeit für die Waldbesitzer. Das einzige Sägewerk im Gadertal beliefert uns seit 27 Jahren mit Hackgut. Wenn der Verbrauch am höchsten ist, wird die in Pufferspeichern gespeicherte Energie genutzt. Sollte das nicht ausreichen, kommen ein Bioöl und, als letzte Reserve, ein Ölkessel zum Einsatz.
Sprechen wir über technische Innovationen und die Entwicklung neuer Angebote. Welche Perspektiven für die Zukunft gibt es für Ihren Betrieb?
Wir versuchen bei der Digitalisierung am Ball zu bleiben und unseren Kunden Online-Regelungssysteme anzubieten. Es gibt auch tolle Wärmsysteme und gute Lösungen für Neu- und bestehende Bauten. Vor allem die Möglichkeit, den Verbrauch in einem Gebäude mit mehreren Abnehmern individuell aufzuteilen, wird von unseren Kunden geschätzt. Wir verfolgen neue Produktionsprozesse und Verfahrenstechniken und auch eine zusätzliche Stromproduktion mit Biomasse ist nicht auszuschließen. Auch ein Zusammenschluss mit anderen lokalen Energieproduzenten wäre möglich - denn gemeinsam sind wir stark.