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Stromverteiler: Kahlschlag? Nein, danke!

30.11.2023
Vielfalt und lokale Verantwortung können dazu beitragen, eine robustere und flexiblere Energieinfrastruktur aufzubauen, die besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet ist als zentralisierte Systeme: In einer Stellungnahme setzt sich der SEV für den Bestand kleiner Stromversorgungsunternehmen in Südtirol und in Italien ein. Angesichts der Dezentralisierung, Demokratisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung in der Stromgestehung nehmen die Netzbetreiber heute eine Schlüsselposition ein. Gerade kleinere Unternehmen können sich besonders gut an einen dynamischen Energiemarkt anpassen. 

Der Hintergrund: Die Regulierungsbehörde ARERA spricht sich für eine Reduzierung der Stromverteiler aus. Das Ziel sind Zusammenschlüsse von Netzbetreibern, die administrative Aufgaben zentralisieren. Auch die Südtiroler Landesregierung vertritt diese Position: In einer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Andreas Leiter Reber (Die Freiheitlichen) weist Energielandesrat Giuliano Vettorato  auf die „Zersplitterung der Verteiler“ hin. Kleine Verteiler weisen demnach „gerade im Hinblick auf die technische Innovation zahlreiche Probleme auf, wenn deren Marktgröße zu klein ist. Das hat Auswirkung auf die Kosten und auf die Investitionen. Auch steht die Zersplitterung mitunter einer homogenen Ausrichtung von Netzen und deren Bewirtschaftung im Weg“. Als Dachverband der Südtiroler Energiewirtschaft verweist der SEV auf die Bedeutung der kleinen Stromverteiler  und betont, dass diese Betriebe einen wichtigen Beitrag für eine zuverlässige Energieversorgung leisten.

Kleine Netzbetreiber zeichnen sich in erster Linie durch Bodenständigkeit und Bürgernähe aus. Damit sind diese Betriebe in der Lage, unmittelbar auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen. Der SEV weist darauf hin, dass die Qualität der von kleinen Netzbetreibern erbrachten Dienstleistungen in keinem Zusammenhang zu der jeweiligen Betriebsgröße steht. Vielmehr ermöglicht eine überschaubare Struktur ein effizientes und zielgerichtetes Arbeiten. Zudem wird lokal erzeugte erneuerbare Energie lokal verteilt - ein Idealzustand im Zeitalter der erneuerbaren Energien. Aufgrund der „schlanken“ Organisation und kurzer Entscheidungswege können kleine Stromverteiler schnell auf Herausforderungen reagieren und innovative Lösungen entwickeln. Beispiele dafür sind die unterirdische Verlegung von Mittelspannungsleitungen und der Aufbau von lokalen Glasfasernetzen, die in Südtirol vor allem von den kleineren Stromverteilern frühzeitig umgesetzt wurden.

Im europäischen Kontext stellt die stromwirtschaftliche Position der ARERA zudem eine Ausnahme dar. In zahlreichen EU-Ländern ist die Anzahl der Netzbetreiber im Verhältnis zur Bevölkerung daher wesentlich höher als in Italien, ohne dass diese Tatsache die Effizienz oder die Qualität der Dienstleistungen beeinträchtigen würde. Im Gegenteil: Die Vielfalt an regionalen Netzbetreibern (und darunter befinden sich zahlreiche Stadtwerke und genossenschaftlich organisierte Unternehmen) trägt oft dazu bei, die Diversität der Energieversorgung insgesamt zu fördern und den Bedürfnissen vor Ort viel besser gerecht zu werden. In Italien gibt es heute 119 Stromverteiler– und davon haben immerhin 46 (!) ihren Sitz in Südtirol. In anderen Ländern sind esjedoch  weitaus mehr: In Deutschland liefern 849 Energieversorger erfolgreich Strom an private Endkunden und Unternehmen, in Spanien sind es 365 und im zentralistischen Frankreich immer noch 146. 
 
 
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