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Strom: Freier Wettbewerb

06.06.2023
Mt "heißer Nadel gestrickt'" und nicht mit den Interessengruppen abgestimmt: In einer Stellungnahme kommentiert, ergänzt und kritisiert der SEV den Gesetzentwurf der Landesregierung „zur Regelung der Vergabe von Konzessionen für große Ableitungen von Gewässern zu hydroelektrischen Zwecken“. Der Hintergrund: Die Konzessionen von acht Wasserkraftwerken mit einer Nennleistung über drei Megawatt (Barbian, Bruneck, Graun, Lappach, Marling, Mühlen, Naturns, Pfitsch, Prembach, alle Alperia Greenpower) – einem wesentlichen Teil des „Tafelsilbers“ der Südtiroler Energiewirtschaft – verfallen 2024.

Der SEV plädiert in seinem Positionspapier, das Energielandesrat Giuliano Vettorato unmittelbar nach der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs im  Juni zugestellt worden ist, dafür, dass „potenzielle Marktteilnehmer aus Südtirol nicht von Vornherein ausgeschlossen werden“. So errichtet der Gesetzentwurf mehrere Hürden, die eine Teilnahme am Vergabeverfahren deutlich erschweren. Demnach können sich nur Stromproduzenten um eine Konzession bewerben, die mindestens fünf Jahre lang ein Wasserkraftwerk mit mehr als drei Megawatt (MW) geführt haben. Zudem gehört zu diesen Mindestvoraussetzungen auch der „Nachweis des über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren erfolgten Betriebs von Wasserkraftwerken mit großen Staudämmen mit einer über 15 Meter hohen Staumauer oder einem Volumen von mehr als 1.000.000 Kubikmetern, falls die Ausschreibung die Bereitstellung oder den Bau eines großen Staudamms vorsieht, welcher der Aufsicht der Generaldirektion für Staudämme und Wasserinfrastrukturen unterliegt“ sowie eine ISO-Zertifizierung. Damit werden die fünf aktuellen Konzessionäre von Wasserkraftraftwerken über drei MW – Alperia Greenpower, Enerpass in Passeier, Stadtwerke Bruneck, Ahr-Energie und Eisackwerk – bevorteilt und Gemeinden oder Bürgergenossenschaften automatisch ausgeschlossen.

Inzwischen hat die Landesregierung zwar signalisiert, die Schwelle von drei Megawatt auf 2,5 Megawatt zu senken. Der SEV rät allerdings dazu, auf pauschale Teilnahmebedingungen zu verzichten und von Fall zu Fall zu entscheiden, „da diese Voraussetzungen die Beteiligung neuer Akteure verhindern“. Mit der revidierten Obergrenze werde „plötzlich eine neue Klassifizierung geschaffen, die es auf lokaler und nationaler Ebene gar nicht gibt, was zeigt, wie vorschnell hier vorgegangen wird“, sagt SEV-Direktor Rudi Rienzner. Zudem sei der SEV als Branchenverband der Südtiroler Energiewirtschaft bei der Formulierung des Textes nicht konsultiert und, wie andere Akteure auch, nur sehr spät - nach der Veröffentlichung - informiert worden.

Der SEV fordert weiterhin, dass – im Einklang mit dem EU-Recht – „im Einzelfall angenommen werden muss, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie ihr Netzanschluss, das betreffende Netz selbst und die Speicheranlagen im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen". Darüber hinaus sollte die Einhaltung der selbst gesteckten Klimaschutz-Ziele bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit ausreichend berücksichtigt werden.

Wer entscheidet? Artikel 37 des Gesetzentwurfs legt die Zusammensetzung der Bewertungskommission fest: „Die Bewertungskommission wird von der Landesregierung ernannt. Die Kommission besteht aus 5 Mitgliedern, 3 in Vertretung des Landes und 2 in Vertretung jener Verwaltungen, die zur Teilnahme an der Dienststellenkonferenz berechtigt sind; dazu gehören, für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche, auch die staatlichen Verwaltungen sowie (in speziellen Fällen) die Regionen und die Autonome Provinz Trient“. Die Position des SEV ist auch in diesem Fall eindeutig: Der Gesetzentwurf gewähre demnach „keine ausgewogene Vertretung der verschiedenen Interessen innerhalb der Bewertungskommission.“
 
 
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