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Strom: Falsches Signal

31.01.2022
Strom aus erneuerbaren Energien trägt in Italien schon heute dazu bei, die Strompreise zu senken – und ist nachhaltiger Klimaschutz. Das vergangenen Woche in Kraft getretene neue „Decreto Sostegni“ will jetzt ausgerechnet bei den Produzenten erneuerbarer und „grüner“ Energie – auch in Südtirol – Zusatzgewinne aus dem Stromgeschäft abschöpfen. Konkret sieht das Dekret einen Ausgleichsmechanismus vor: Solar-, Wasserkraft- und Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 20 Kilowatt müssen – unter bestimmten Umständen – Ausgleichszahlungen für „Extraprofite" zahlen, die aufgrund der hohen Strompreise entstanden sind. Aber: Damit schadet man einem Zukunftsbereich – der ausgeweitet und gefördert werden sollte

Die Ausgleichsregelung sei „kein wirksames Mittel zur Eindämmung der derzeitigen Notlage“ heißt es auch in einem am 28. Januar veröffentlichten und – neben vielen anderen – von den Branchenverbänden Elettricita Futura und Italia Solare, den Umweltverbänden Greenpeace, Legambiente und WWF Italia sowie von Verbraucherschutzorganisationen  unterzeichneten  Appell. Schließlich könne nur der Einsatz von Wasser, Wind oder Sonne dazu beitragen, die Strompreise wirksam zu senken.

Elettricita Futura weist in einem Statement darauf hin, dass Zusatzgewinne im Stromhandel nur bei einem geringen Teil des an den Spotmärkten verkauften Angebots entstehen. Im Bereich Gas würden diese Gewinne vor allem von Produzenten und Lieferanten in den Herkunftsländen realisiert. Zudem „schließen viele E-Werke für einen großen Teil der in ihren
Anlagen erzeugten Energie Termingeschäfte ab, die auf Preisen beruhen, die lange vor der Lieferung festgelegt werden, während die meisten Subventionen für erneuerbare Energien „eine Förderung vorsehen, die umgekehrt proportional zum Marktwert der Energie ist, wodurch die Möglichkeit, zusätzliche Gewinne zu erzielen, weitgehend ausgeschlossen ist“.

Verantwortlich für die Preisrallye auf den Strommarkt ist der rasante Anstieg der Preise für fossiles Gas. Dieser Brennstoff kostet heute 80 Euro pro Megawattstunde (MWh). In den vergangenen Jahren lag der Durchschnittspreis bei 20 Euro pro MWh. Italien erzeugt 50 Prozent seines Strombedarfs mit fossilem Gas und 90 Prozent davon werden importiert. Angesichts dieser Abhängigkeit und eines nahezu unveränderten Anteils der erneuerbaren Energien von 41 Prozent am nationalem Produktionsmix kostete Italien die Versorgung mit elektrischer Energie im Jahr 2021 nach vorläufigen Schätzungen 75 Milliarden Euro. Hätte das Land die Ziele des europäischen Green Deals mit einem Anteil der erneuerbaren Energieträger von 72 Prozent an der nationalen Stromerzeugung schon heute erreicht, würde diese hohe Gesamtrechnung – laut Berechnungen des Branchenverbands Elettricità Futura – auf 45 Milliarden Euro sinken.

Ohne den Einsatz erneuerbarer Energieträger wie Sonne oder Wasser würden die Kosten für Strom und Gas für Familien und Unternehmen in Italien noch dramatischer steigen, stellt auch der Energiekonzern ENEL fest. Die Nutzung Erneuerbarer Energien, so der für den italienischen Markt zuständige ENEL-Direktor Nicola Lanzetta in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ANSA, könne wesentlich zur Senkung der Strom- und Gasrechnungen beitragen und „wenn wir die Entwicklung erneuerbarer Energien nicht schon vor zehn Jahren in Angriff genommen hätten, wäre der Preisanstieg, den wir heute beim Strom erleben, noch um zehn bis 15 Prozent höher“. Sein aktueller Spartipp für alle Strom- und Gaskunden: Um sich vor weiteren Preisblasen auf einem volatilen Markt zu schützen, sollten private und gewerbliche Kunden in Niedrigpreisphasen langfristige Verträge mit Festpreisen abschließen.



 
 
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