Reform oder Reförmchen
29.09.2023
Der Direktor des Südtiroler Energieverbands SEV Rudi Rienzner hat sich mit dem Verwaltungsrat des Dachverbands der lokalen europäischen Energieverteiler GEODE in Brüssel über den Ausbau der europäischen Stromnetze und die Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform des europäischen Strommarkts beraten. Gemäß den drei europäischen Megatrends – Dezentralisierung, Digitalisierung und Demokratisierung – spricht sich der SEV für eine flexibles und regional verankertes Energiesystem aus. „In Europa werden jetzt Richtungsentscheidungen getroffen, die auch uns in Südtirol betreffen und wir beteiligen uns als Vertreter unserer Energiewirtschaft an dieser Zukunftsdebatte“, stellt Rienzner fest, der 2021 zum stellvertretenden GEODE-Präsidenten gewählt worden war.
Zu den Reformvorschlägen der EU-Kommission gehören eine breite Vertragsauswahl für den Erwerb erneuerbarer Energie für Haushalte und Unternehmen mit stabiler und langfristiger Preisbildung sowie ein umfangreicher Schutz für bedürftige Haushalte. Auch die Regeln für die gemeinsame Nutzung erneuerbarer Energien durch die Bürgerinnen und Bürger sollen neu formuliert werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen künftig selbst in Wind- oder Solarparks investieren und überschüssigen Solarstrom vom Dach auch an ihre Nachbarn verkaufen können. Rudi Rienzner: „Ohne den Ausbau der europäischen Stromtrassen ist das alles nicht möglich. Ohne zusätzliche Investitionen und neue Lösungen bei der Laststeuerung in den Netzen und bei der Energiespeicherung kann und wird es keine Energiewende geben“.
Allerdings ist die Reform nicht so weitreichend, wie es sich Länder wie Frankreich oder Spanien gewünscht haben. So bleibt das so genannte Merit-Order-Prinzip unangetastet. Demnach werden an den europäischen Strombörsen weiterhin die hohen Preise für fossiles Erdgas die Verbraucherpreise bestimmen - und nicht die deutlich niedrigeren Preise für erneuerbare Energie.
Während es diesem - heute umstrittenen – System in den vergangenen Jahren gelungen war, die Transparenz zu erhöhen und Preise zu stabilisieren, brachten die Folgen des Krieges in der Ukraine den Merit-Order-Handel 2022 völlig durcheinander. Dieses Szenario – so die EU-Kommission heute – könne sich nicht mehr wiederholen, da der Anteil des aus erneuerbaren Quellen erzeugten Stroms von 37 Prozent im Jahr 2020 bis zum Ende des Jahrzehnts auf über 65 Prozent steigen soll. „Die Reform wird die Mechanismen der Preisbildung nicht verändern", erklärt die zuständige EU-Kommissarin Kadri Simson. „Aber diese volatilen und kurzfristigen Preisentwicklungen werden nicht mehr in großem Maße die Verbraucherpreise bestimmen." Der Reform-Entwurf werde „hoffentlich‘“ der letzte Rechtsakt zur Bewältigung der Energiekrise sein.
Die Kommission will EU-weit drei Arten von Verträgen mit einheitlichen Regeln möglich machen:
Obwohl diese Vertragstypen in der EU möglich sind, werden sie nur in begrenztem Umfang und sehr unterschiedlich in den Mitgliedsstaaten angewandt. In einem noch radikaleren Vorstoß schlägt die Kommission einen neuen Mechanismus vor, mit dem eine EU-weite Krise ausgerufen werden kann, wenn die Strompreise über einen längere Zeitraum (mindestens sechs Monate) stark ansteigen und die "Gesamtwirtschaft“ schädigen.Wenn eine solche Energiekrise eintritt, sollen die Mitgliedstaaten die Endkundentarife für Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen eigenständig regulieren dürfen.
Der Südtiroler Energieverband ist GEODE 2014 beigetreten, um die Interessen der Südtiroler Energiewirtschaft in einem sich auf Europa ausrichtenden Energiemarkt zu vertreten. GEODE wurde 1991 gegründet und setzt sich aus bedeutenden europäischen Gas- und Stromversorgungsunternehmen zusammen. Der Verband vertritt 1.400 Energieversorger in 15 Ländern, die sich sowohl in privater als auch in öffentlicher Hand befinden. Diese Unternehmen beliefern 100 Millionen Menschen mit Energie. Der Verband vertritt die lokalen Verteiler gegenüber nationalstaatlichen und internationalen Energiebehörden und ermöglicht – im GEODE-Verbund – den Austausch von Fachwissen und den Zugriff auf Energiedaten.
Zu den Reformvorschlägen der EU-Kommission gehören eine breite Vertragsauswahl für den Erwerb erneuerbarer Energie für Haushalte und Unternehmen mit stabiler und langfristiger Preisbildung sowie ein umfangreicher Schutz für bedürftige Haushalte. Auch die Regeln für die gemeinsame Nutzung erneuerbarer Energien durch die Bürgerinnen und Bürger sollen neu formuliert werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen künftig selbst in Wind- oder Solarparks investieren und überschüssigen Solarstrom vom Dach auch an ihre Nachbarn verkaufen können. Rudi Rienzner: „Ohne den Ausbau der europäischen Stromtrassen ist das alles nicht möglich. Ohne zusätzliche Investitionen und neue Lösungen bei der Laststeuerung in den Netzen und bei der Energiespeicherung kann und wird es keine Energiewende geben“.
Allerdings ist die Reform nicht so weitreichend, wie es sich Länder wie Frankreich oder Spanien gewünscht haben. So bleibt das so genannte Merit-Order-Prinzip unangetastet. Demnach werden an den europäischen Strombörsen weiterhin die hohen Preise für fossiles Erdgas die Verbraucherpreise bestimmen - und nicht die deutlich niedrigeren Preise für erneuerbare Energie.
Während es diesem - heute umstrittenen – System in den vergangenen Jahren gelungen war, die Transparenz zu erhöhen und Preise zu stabilisieren, brachten die Folgen des Krieges in der Ukraine den Merit-Order-Handel 2022 völlig durcheinander. Dieses Szenario – so die EU-Kommission heute – könne sich nicht mehr wiederholen, da der Anteil des aus erneuerbaren Quellen erzeugten Stroms von 37 Prozent im Jahr 2020 bis zum Ende des Jahrzehnts auf über 65 Prozent steigen soll. „Die Reform wird die Mechanismen der Preisbildung nicht verändern", erklärt die zuständige EU-Kommissarin Kadri Simson. „Aber diese volatilen und kurzfristigen Preisentwicklungen werden nicht mehr in großem Maße die Verbraucherpreise bestimmen." Der Reform-Entwurf werde „hoffentlich‘“ der letzte Rechtsakt zur Bewältigung der Energiekrise sein.
Die Kommission will EU-weit drei Arten von Verträgen mit einheitlichen Regeln möglich machen:
- Der Stromabnahmevertrag (Power Purchase Agreement, PPA): ein privater Vertrag zwischen einem Anbieter und einem gewerblichen Kunden mit einer Laufzeit von bis zu 15 Jahren. Er legt die Bedingungen für ausgehandelte Preise und Lieferungen fest.
- Das Termingeschäft: ein privater Vertrag zwischen einem Anbieter und einem Kunden, ähnlich wie ein PPA, aber mit einer kürzeren Laufzeit von bis zu drei Jahren.
- Der Contract for Differences (CfD): ein Vertrag zwischen einem Anbieter und einem Staat, staatsnahen Playern oder einem Unternehmen, der einen vom Marktpreis unabhängigen Fixpreis garantiert. Bei Abschluss eines CfDs wird zwischen einem Erzeuger und seinem CfD-Partner ein so genannter „Strike Price“ als Referenzpreis vereinbart. Liegt zum vereinbarten Zeitpunkt der Referenzpreis unter dem momentanen Marktpreis, muss der Käufer die Differenz zwischen vereinbartem Referenzpreis und Marktpreis an den Verkäufer bezahlen. Liegt der Marktpreis über dem Referenzpreis, verhält es sich umgekehrt. Der Verkäufer hat die Differenz zu begleichen. Als öffentliche Förderung zum Ausbau erneuerbarer Energien (Windkraft, PV, Geothermie, Wasserkraft und CO2-arme Technologien wie Atomenergie) sollen CfD-Verträge zwischen Staaten und Erzeugern als Direkthilfe angewandt werden.
Obwohl diese Vertragstypen in der EU möglich sind, werden sie nur in begrenztem Umfang und sehr unterschiedlich in den Mitgliedsstaaten angewandt. In einem noch radikaleren Vorstoß schlägt die Kommission einen neuen Mechanismus vor, mit dem eine EU-weite Krise ausgerufen werden kann, wenn die Strompreise über einen längere Zeitraum (mindestens sechs Monate) stark ansteigen und die "Gesamtwirtschaft“ schädigen.Wenn eine solche Energiekrise eintritt, sollen die Mitgliedstaaten die Endkundentarife für Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen eigenständig regulieren dürfen.
Der Südtiroler Energieverband ist GEODE 2014 beigetreten, um die Interessen der Südtiroler Energiewirtschaft in einem sich auf Europa ausrichtenden Energiemarkt zu vertreten. GEODE wurde 1991 gegründet und setzt sich aus bedeutenden europäischen Gas- und Stromversorgungsunternehmen zusammen. Der Verband vertritt 1.400 Energieversorger in 15 Ländern, die sich sowohl in privater als auch in öffentlicher Hand befinden. Diese Unternehmen beliefern 100 Millionen Menschen mit Energie. Der Verband vertritt die lokalen Verteiler gegenüber nationalstaatlichen und internationalen Energiebehörden und ermöglicht – im GEODE-Verbund – den Austausch von Fachwissen und den Zugriff auf Energiedaten.