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Krieg in der Ukraine: Die Folgen für die Energieversorgung

23.03.2022
Kann der Import fossiler Brennstoffe aus Russland durch andere Lieferanten oder – was sicher noch besser wäre – durch
erneuerbare Energien ersetzt werden? Weil Länder wie Deutschland, Italien, Österreich und Ungarn erhebliche Teile ihres Energiebedarfs über Lieferungen aus Russland decken, geben die EU-Staaten nach Schätzungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel zurzeit täglich etwa 380 Millionen Euro (!) für russisches Gas und knapp 362 Millionen Euro (!) für Öl aus Russland aus. Dieses Geld gehört auch der russischem Föderation. So ist der russische Staat sowohl beim größten russischen
Erdölkonzern Rosneft wie auch beim größten Gasexporteur Gazprom der Mehrheitsaktionär. Fossile Energie schafft daher gefährliche Abhängigkeiten: Die 27 EU-Staaten kauften im Februar 40 Prozent ihrer Gasimporte, 27 Prozent ihrer Erdölimporte und 46 Prozent ihre Kohleimporte in Russland ein.

Auch deshalb wirkt sich der Kriegsverlauf auf die Preisgestaltung an der italienischen Strombörse aus. Am 28. Februar lag der gesamtstaatliche Einheitspreis für elektrische Energie PUN (Tagesdurchschnitt) an der GME in Mailand bei 247,04 Euro pro Megawattstunde – einen Monat später fast unverändert  bei 249,44 Euro. Und ein Preisrückgang ist nicht in Sicht: Die Forward-Preise auf dem Terminmarkt wurden am 28. März auf 255,70 Euro im April, 248,86 Euro im Mai und 265,28 Euro pro Megawattstunde im Juni fixiert. Dazu kommt die Forderung Russlands, fossile Gasimporte ab April in Rubel zu bezahlen. Die G7-Energieminister haben ihre Gasimporteure am Montag dazu aufgerufen, auf Zahlungen in US-Dollar oder Euro zu bestehen, was zu einem Importstopp – und einer neuen Preisexplosion führen könnte.

Was tun? In ihrer „Erklärung von Versailles“ sind die Staats- und Regierungschefs der EU übereingekommen, „unsere Abhängigkeit von der Einfuhr von Gas, Öl und Kohle aus Russland so bald wie möglich zu beenden“. Entsprechende
Vorschläge liegen inzwischen vor.

Die Maßnahmen im Einzelnen:

Die Betreiber von Gasspeichern sollen verpflichtet werden, ihre Speicher bis zum 1. November zu mindestens 80
Prozent zu füllen. In folgenden Jahren soll diese Vorratshaltung auf 90 Prozent der Speicherkapazität steigen. Partnerschaften der EU mit Drittländern zur gemeinsamen Beschaffung von Gas und Wasserstoff sollen die Versorgung zudem krisenfester machen und preissenkend wirken. Die Kommission ist deshalb bereit, eine Taskforce für gemeinsame Gaskäufe auf EU-Ebene einzurichten. Ein von der Kommission geleitetes gemeinsames Verhandlungsteam würde Gespräche mit den Gaslieferanten führen und den Weg für künftige Energiepartnerschaften mit wichtigen Lieferanten ebnen, die nicht nur Gas, sondern auch Wasserstoff betreffen. Weitere Maßnahmen sind geplant wie der Einkauf von Flüssiggas, die Förderung der Produktion von Biogas und Wasserstoff sowie – vor allem – der verstärkte Ausbau krisenfester erneuerbarer Energien.

Italien setzt unterdessen auch auf die Ausbeutung eigener Gasreserven. 2021 förderte das Land 3,34 Milliarden Kubikmeter fossiles Gas – und verbrauchte insgesamt 76,1 Milliarden Kubikmeter. Jetzt soll die Förderung in der Straße von Messina, in der Adria bei Ravenna, vor der Küste der Marken und im Golf von Tarent wieder aufgenommen werden. Aber: Die Erschließung neuer Vorkommen vor der eigenen Haustüre und die Reaktivierung stillgelegter Lagerstätten dürfte – im besten Fall – 2023 zu ersten Gaslieferungen „Made in Italy“ führen.
 
 
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