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Im Strom der Zeit

31.05.2021
War das was? 1921 wird in Villnöß – auf Initiative von drei Bauern, einem Handwerker und einem Schmied – die Elektrizitätsgesellschaft St. Magdalena GmbH gegründet um „für ihre Mitglieder elektrische Energie für Beleuchtung und Kraftbetrieb zu erzeugen und zu verwerten, um damit die Volkswirtschaft zu heben und das materielle Wohl ihrer Mitglieder durch Anlagen von Sägen, Mühlen, Werkstätten für Holz und andere Industrien zu fördern.“  Die neue Gesellschaft (Heute: Energiegenossenschaft Villnöß) erhält ein Darlehen vom „Kirchlichen Fonds zur Errichtung eines Priesterbenefiziums in St. Madgalena in Villnöß“ und errichtet mit dem Geld ihr erstes eigenes E-Werk, das 1922 ans Netz geht.

Am 7. November 1920 sammeln sie in Stilfs die ersten „Lichtanmeldungen“ für das neue Elektrizitätswerk, am 20. Februar 2021 treffen sich im Vereinssaal 70 Mitglieder zur ersten Generalversammlung der E-Werk-Genossenschaft und am 31. November 2021 gehen in dem Dorf die elektrischen Lichter an. Zwei Jahre später beschließen sechs Bürger in Prad die Wasserkraft des „Tschrinbachs“ für die Stromproduktion zu nutzen und bauen für 375.000 Lire – dem damaligen Preis für 300 Kühe – ein Wasserkraftwerk, das 1925 in Betrieb geht. 1926 übernimmt eine E-Werk-Genossenschaft die Führung der Anlage.

Menschen in ländlichen Gebieten, organisieren ihre Energieversorgung, weil Energieversorger kein Interesse daran haben, abgelegene Berggebiete mit Strom zu beliefern. Ein Jahrhundert später geschieht in vielen europäischen Ländern etwas
Vergleichbares: Bürgerinnen und Bürger verzichten auf Kohle, Erdöl. Atomstrom oder Erdgas und erzeugen und verteilen in dezentralen Anlagen erneuerbare Energie. Dabei entstehen viele nachhaltige und innovative Projekte – wie vor 100 Jahren in Südtirol - in der geographischen Peripherie. Dazu drei Beispiele: 1994 werden - als Reaktion auf den Reaktorunfall in Tschernobyl – im Schwarzwald (Deutschland) die genossenschaftlich geführten Elektrizitätswerke Schönau (2021: 9.000 Mitglieder) gegründet. Im Dezember 2010 entsteht im katalanischen Girona die Energiegenossenschaft Som energia (2021: 72.000 Mitglieder), 2019 initiiert der Südtiroler Energieverband die Gründung der Ötzi Verbrauchergenossenschaft.

Dass Nachhaltigkeit und aktiver Klimaschutz schon heute unverzichtbare Markenzeichen sind, zeigt ein Musterprozess in den
Niederlanden. Dort wurde der Shell-Konzern per Gerichtsurteil dazu verpflichtet, einen Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele zu leisten. Konkret: Shell muss seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 reduzieren. Angeklagt hatte das britisch-niederländische Unternehmen die  Umweltorganisation "Milieudefensie" mit 17.000 Bürgern. Unterstützt wurden die Kläger von Menschen, die 500.000 Euro spendeten, um die Prozesskosten zu decken.

Nur wer nachhaltig und klimaverträglich wirtschaftet, wird in Zukunft am Markt erfolgreich sein. Viele kleine und mittlere Akteure der Südtiroler Energiewirtschaft tun das seit Jahrzehnten. Das ist ein wichtiger Trumpf. Man muss ihn nur ausspielen.

 
 
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