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IEA-Outlook: Klimaschutz und sinkende Preise

19.10.2024
Darauf haben nicht nur Journalisten gewartet: Am 16. Oktober hat die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris ihren neuen World Energy Outlook vorgestellt – eine umfassende Datensammlung mit vielen Analysen und Prognosen für die globale Versorgung mit Energie. Demnach hat sich das Wachstum der erneuerbaren Energien inzwischen auf ein historisch noch nie da gewesenes Tempo beschleunigt. Die Kapazität der „grünen” Energie wuchs bereits 2023 weltweit um 560 Gigawatt (GW). 

Die Kapazität zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird als maximale Nettoerzeugungskapazität von Kraftwerken und anderen Anlagen gemessen, die erneuerbare Energiequellen zur Stromerzeugung nutzen. In Projekte für saubere Energie wird heute schon doppelt so viel investiert, Wien neue Vorhaben im Bereich der Öl-, Gas- und Kohleversorgung. Die IEA prognostiziert, dass die globale Kapizität der Erneuerbaren von aktuell 4.250 GW auf fast 10.000 GW im Jahr 2030 ansteigen wird. Gemeinsam mit der Kernenergie, die in vielen Ländern wieder auf Interesse stößt, werden emissionsarme Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser bis 2030 mehr als die Hälfte des weltweiten Stroms erzeugen.

Spitzenreiter ist weiterhin die Volksrepublik China: 60 Prozent der weltweit neu hinzugekommenen Kapazität an erneuerbaren Energien entfielen 2023 auf dieses Land. Die  Erzeugung von Solarstrom in China wird voraussichtlich Anfang der 2030er Jahre den gesamten heutigen Strombedarf der Vereinigten Staaten übersteigen. Der rasante Fortschritt der Energiewende bedeutet auch, dass die Weltwirtschaft bis zum Ende des Jahrzehnts weiter wachsen kann, ohne zusätzliche Mengen an Öl, Erdgas oder Kohle zu verbrauchen. Das kurze Fazit der IEA: „Die Richtung ist klar. Ein anhaltendes Wachstum der globalen Energienachfrage nach 2030 kann ausschließlich mit nachhaltig erzeugter  Energie gedeckt werden.”

Allerdings ist der globale Stromverbrauch in den vergangenen zehn Jahren doppelt so schnell angestiegen wie die gesamte globale Energienachfrage. Vor allem Rechenzentren gelten – vor allem aufgrund des steigenden KI-Einsatzes – als Stromfresser. Weltweit sind mehr als 11.000 Rechenzentren registriert. Dennoch werden die Rechenzentren laut den IEA-Berechnungen nur für einen relativ geringen Anteil des gesamten Strombedarfs bis 2030 verantwortlich sein. Der Klimawandel „kostet” deutlich mehr elektrische Energie: Häufigere und intensivere Hitzewellen oder höhere Leistungsstandards für neue Geräte – insbesondere Klimaanlagen – führen demnach größeren Schwankungen bei der Stromnachfrage als das Wachstum der Rechenzentren. Schon 2023 – so die IEA-Prognose – wird die Nachfrage nach elektrischer Energie für den globalen Kühlbedarf den gesamten heutige Stromverbrauch im Nahen Osten übertreffen.

China war in der Vergangenheit der Wachstumsmotor auf dem Ölmarkt, aber dieser Motor stellt jetzt auf Strom um: Der Ölverbrauch des Landes für den Straßenverkehr wird voraussichtlich sinken, was jedoch durch einen starken Anstieg des Ölverbrauchs als petrochemischer Rohstoff ausgeglichen wird. Stichwort E-Mobility: E-Autos haben derzeit einen Anteil von etwa 20 Prozent an den Neuwagenverkäufen und dieser Anteil steigt laut IEA bis 2030 auf 50 Prozent (ein Niveau, das in China schon in diesem Jahr erreichen wird). Auch deshalb prognostiziert die IEA jetzt „eine sichtbare Abflachung“ der globalen Öl-Nachfrage.

Ein Überangebot erwartet die IEA auch auf den Märkten für Flüssiggas (LNG). Zwar zeichnet sich – vor allem in den USA und in Katar – eine Steigerung der weltweiten LNG-Exportkapazität um fast 50 Prozent ab. Wenn die globalen Gasmärkte die gesamte neue LNG-Kapazität aufnehmen und auch nach 2030 weiter wachsen sollen, wäre eine Kombination aus niedrigeren Clearing-Preisen, einer deutlich höheren Stromnachfrage und einer verlangsamten Energiewende erforderlich – mit weniger Wind- und Solarenergie, geringeren Fortschritten bei der Verbesserung der Gebäudeeffizienz und weniger Wärmepumpen”, schreibt die IEA. Ein – angesichts der Prognosen des World Energy Outlook – eher unwahrscheinliches Szenario. 

Die Folge der reichlicheren – oder sogar überschüssigen – Versorgung mit Erdöl und Erdgas: Sinkende Preise – auch auf den Strommärkten. Während der globalen Energiekrise im Jahr 2022 gaben private und gewerbliche Verbraucher weltweit fast zehn Billionen US-Dollar für Energie aus. Niedrigere Erdgaspreise – so die IEA – „sollten die Sorgen Europas um seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit etwas lindern, obwohl dieser Kontinent im Vergleich zu den USA und China nach wie vor einen erheblichen strukturellen Energiepreisnachteil hat”. 

Die Atempause sollten politische Entscheidungsträger nutzen, um sich „auf die Erhöhung der Investitionen in erneuerbare Energien, Netze, Speicher und Energieeffizienz sowie auf die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe zu konzentrieren”. Alle Akteure müssten eigentlich erkennen, „dass die Festlegung auf die Nutzung fossiler Brennstoffe Konsequenzen hat. Es mag eine Zeit lang einen Abwärtsdruck auf die Brennstoffpreise geben, aber die Geschichte der Energieversorgung lehrt uns, dass sich der Zyklus eines Tages umkehren und die Preise steigen werden. Und die Kosten für den Klimawandel steigen von Tag zu Tag, da sich die Emissionen in der Atmosphäre ansammeln und extreme Wetterereignisse ihren Preis haben. Im Gegensatz dazu werden nachhaltige Technologien auch in Zukunft kostengünstiger sein, da sie den Unwägbarkeiten der internationalen Rohstoffmärkte in deutlich geringerem Maße ausgesetzt sind und dauerhafte Vorteile für die Menschen und den Planeten bieten.”

Die Internationale Energieagentur IEA wurde 1974 als unabhängige Einrichtung innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegründet. Ursprünglich sollte die IEA – als Reaktion auf die erste Ölkrise – eine störungsfreie Ölversorgung gewährleisten. Heute ist die IEA in nahezu allen Energiepolitikbereichen aktiv. Dabei liegt der Fokus zunehmend auf der Erreichung einer Treibhausgasneutralität bis 2050.

 
 
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