Hollywood und Energie
21.03.2024
Für Altmeister Martin Scorsese muss die Oscar-Nacht eine Enttäuschung gewesen sein. Sein fast dreieinhalbstündiges Kinodrama „Killers of the Flower Moon“ - mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro in den Hauptrollen - war für zehn Oscars nominiert worden und ging bei der Preisverleihung dennoch leer aus. Wohlfühlkino bietet ist dieses Werk sicher nicht: Die Filmstory, die in den 1920er Jahren im Osage Country im US-Bundesstaat Oklahoma spielt, erzählt von einem tiefdunklen Kapitel in der langen US-amerikanischen Energiegeschichte und auch heute steht das Land der indigenen Nation der Osage wieder in den Schlagzeilen, wenn es um – erneuerbare – Energie geht.
Ein Blick in die Geschichte: Vor der Ankunft der Europäer bewohnten die Osage ein weiträumiges Gebiet, das die vier US-Bundesstaaten Missouri, Kansas, Oklahoma und Arkansas umfasste. 1868 wurde die indigene Nation von der US-Armee nach Oklahoma umgesiedelt. Mit der Entschädigung für den Verlust ihres Landes – 166.300 US-Dollar - kauften die Osage 1870 den Cherokee einen Teil des diesen zugewiesenen Reservats ab. Was damals niemand wusste: Unter dem neuen Land der Osage im nordöstlichen Oklahoma lagen ergiebige Erdölquellen. Erst am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wurden dort erste Bohrungen vorgenommen. Und erst nachdem 1904 eine Pipeline zur Standard Oil Rafffinerie in Neodosho (Kansas) gebaut worden war, boomte das Energiegeschäft: 1907 produzierten die Osage-Ölfelder mehr als fünf Millionen Barrel Öl. In den Jahren zwischen 1901 und 1930 wurden im Osage County 319 Millionen Barrel Oklahoma-Rohöl aus dem Boden gepumpt.
Die wertvollen Schürfrechte blieben im kollektiven Eigentum der Osage. Die Mitglieder dieser Nation erhielten 1907 so genannte "Headrights" – für alle damals 2.229 Osage gleich bemessene Anteile an den Gewinnen aus dem Verkauf von Schürfrechten. Eine Osage-Familie mit einem Mann, einer Frau und drei Kindern bekam 1926 mehr als 65.000 Dollar pro Jahr und bis 1939 hatten die Mitglieder dieses Volks insgesamt mehr als 100 Millionen Dollar an Lizenzgebühren erhalten.
Vor 100 Jahren nannten sich die Osage “die reichsten Menschen der Welt”. In den 1920er-Jahren – so lautet eine Geschichte über deren legendären Reichtum - waren es die Osage, die sich die ersten Ford-T-Automobile im Staat Oklahoma kaufen konnten. Diese fuhren sie, bis der Tank leer war. Dann kauften sie sich das nächste Auto. Natürlich versuchten sich Kriminelle und Betrüger das Vermögen der Osage durch Heirat, Mord, Vormundschaft und Erbschaft anzueignen – und von diesen Verbrechen erzählt Scorseses Film. Im 21. Jahrhundert sind die Einnahmen aus dem Ölgeschäft deutlich niedriger: Heute bekommen Eigentümerinnen und Eigentümer von “Headrights” pro Jahr etwa 5.000 US-Dollar ausgezahlt.
Jetzt macht das Osage-Country wieder Energie-Schlagzeiten – nur diesmal im Bereich der “grünen” Stromerzeugung. Im Januar 2024 ordnete eine Bundesrichterin den Rückbau von 84 Windturbinen an, die der italienische Energiekonzern Enel auf dem Gebiet der indigenen Nation errichtet hat und die seit 2015 Strom erzeugen. Die Enel-Tochtergesellschaft Osage Wind hatte 2010 „Surface Rights“ erworben, um Turbinen auf Osage-Grund errichten zu können, also Nutzungsrechte, die sich auf die Erdoberfläche beziehen. Auf den Erwerb von unterirdischen Schürfrechten hatte das Unternehmen, das keine Rohstoffe fördert, aber Gestein aus “heiligem” Boden ausgegraben und verbaut hat, verzichtet. In einem Rechtsstreit, der 2011 begann, bezeichnen die Osage diese Arbeiten dennoch als Bergbau und fordern seitdem den Erwerb der entsprechenden Rechte ein.
Für das Enel sind die USA ein wichtiger Markt. Die Tochtergesellschaft Enel Green Power betreibt in 14 US-Bundesstaaten mehr als 60 Wind- und Solarparks. Das jüngste Urteil im Streit mit den Osage könnte Signalwirkung haben. Die Indigenenreservate verfügen nach einer Schätzung des Forschungsinstituts National Renewable Energy Laboratory über acht Prozent des Windenergiepotentials in den USA – und auch Oklahoma ist berühmt für seinen starken Wind.
Ein Blick in die Geschichte: Vor der Ankunft der Europäer bewohnten die Osage ein weiträumiges Gebiet, das die vier US-Bundesstaaten Missouri, Kansas, Oklahoma und Arkansas umfasste. 1868 wurde die indigene Nation von der US-Armee nach Oklahoma umgesiedelt. Mit der Entschädigung für den Verlust ihres Landes – 166.300 US-Dollar - kauften die Osage 1870 den Cherokee einen Teil des diesen zugewiesenen Reservats ab. Was damals niemand wusste: Unter dem neuen Land der Osage im nordöstlichen Oklahoma lagen ergiebige Erdölquellen. Erst am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wurden dort erste Bohrungen vorgenommen. Und erst nachdem 1904 eine Pipeline zur Standard Oil Rafffinerie in Neodosho (Kansas) gebaut worden war, boomte das Energiegeschäft: 1907 produzierten die Osage-Ölfelder mehr als fünf Millionen Barrel Öl. In den Jahren zwischen 1901 und 1930 wurden im Osage County 319 Millionen Barrel Oklahoma-Rohöl aus dem Boden gepumpt.
Die wertvollen Schürfrechte blieben im kollektiven Eigentum der Osage. Die Mitglieder dieser Nation erhielten 1907 so genannte "Headrights" – für alle damals 2.229 Osage gleich bemessene Anteile an den Gewinnen aus dem Verkauf von Schürfrechten. Eine Osage-Familie mit einem Mann, einer Frau und drei Kindern bekam 1926 mehr als 65.000 Dollar pro Jahr und bis 1939 hatten die Mitglieder dieses Volks insgesamt mehr als 100 Millionen Dollar an Lizenzgebühren erhalten.
Vor 100 Jahren nannten sich die Osage “die reichsten Menschen der Welt”. In den 1920er-Jahren – so lautet eine Geschichte über deren legendären Reichtum - waren es die Osage, die sich die ersten Ford-T-Automobile im Staat Oklahoma kaufen konnten. Diese fuhren sie, bis der Tank leer war. Dann kauften sie sich das nächste Auto. Natürlich versuchten sich Kriminelle und Betrüger das Vermögen der Osage durch Heirat, Mord, Vormundschaft und Erbschaft anzueignen – und von diesen Verbrechen erzählt Scorseses Film. Im 21. Jahrhundert sind die Einnahmen aus dem Ölgeschäft deutlich niedriger: Heute bekommen Eigentümerinnen und Eigentümer von “Headrights” pro Jahr etwa 5.000 US-Dollar ausgezahlt.
Jetzt macht das Osage-Country wieder Energie-Schlagzeiten – nur diesmal im Bereich der “grünen” Stromerzeugung. Im Januar 2024 ordnete eine Bundesrichterin den Rückbau von 84 Windturbinen an, die der italienische Energiekonzern Enel auf dem Gebiet der indigenen Nation errichtet hat und die seit 2015 Strom erzeugen. Die Enel-Tochtergesellschaft Osage Wind hatte 2010 „Surface Rights“ erworben, um Turbinen auf Osage-Grund errichten zu können, also Nutzungsrechte, die sich auf die Erdoberfläche beziehen. Auf den Erwerb von unterirdischen Schürfrechten hatte das Unternehmen, das keine Rohstoffe fördert, aber Gestein aus “heiligem” Boden ausgegraben und verbaut hat, verzichtet. In einem Rechtsstreit, der 2011 begann, bezeichnen die Osage diese Arbeiten dennoch als Bergbau und fordern seitdem den Erwerb der entsprechenden Rechte ein.
Für das Enel sind die USA ein wichtiger Markt. Die Tochtergesellschaft Enel Green Power betreibt in 14 US-Bundesstaaten mehr als 60 Wind- und Solarparks. Das jüngste Urteil im Streit mit den Osage könnte Signalwirkung haben. Die Indigenenreservate verfügen nach einer Schätzung des Forschungsinstituts National Renewable Energy Laboratory über acht Prozent des Windenergiepotentials in den USA – und auch Oklahoma ist berühmt für seinen starken Wind.