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EU: Der Gaskompromiss

20.12.2022
Die 27-EU-Staaten haben sich auf eine gemeinschaftliche „Gaspreisbremse“ verständigt – aber auch bei stark sinkenden Einkaufspreisen kann die gasbefeuerte Stromerzeugung im Wettbewerb mit erneuerbaren Energieträgern nicht bestehen.

Der EU-Kompromiss sieht vor, dass der für den Folgemonat errechnete Gaspreis (month-ahead price) im Großhandel an der niederländischen Gasbörse Title Transfer Facility (TTF) drei Tage in Folge über 180 Euro pro Megawattstunde (MWh) liegen muss (20. Dezember: 108,5 Euro), erst danach tritt der Mechanismus in Kraft. Zusätzlich muss der internationale Durchschnittspreis für Flüssiggas (LNG) mindestens 35 Euro unter der 180-Euro-Schwelle liegen, damit der Deckel greift.  Der Mechanismus wird frühestens am 15. Februar 2023 aktiviert und im Falle eines Versorgungssicherheitsnotstands  ausgesetzt.

Wichtig ist: Durch diese Einigung auf konnten auch andere Vorhaben beschlossen werden, die vorher blockiert worden waren. So einigten sich die EU-Staaten darauf, Gaseinkäufe und das Füllen der Speicher künftig zu koordinieren. Durch die gebündelte Marktmacht erhofft sich die EU günstigere Preise am Weltmarkt. Die EU-Fachminister haben zudem ein Maßnahmenpaket beschlossen, das die schnellere Genehmigung von Anlagen zur Gewinnung Erneuerbarer Energien ermöglichen soll. Damit erkennt die EU an, dass erneuerbare Energien und die erforderliche Netzinfrastruktur im herausragenden öffentlichen Interesse sind und damit Vorfahrt bei Genehmigungen und Planung haben. Allerdings liegt die Umsetzung der Maßnahmen im Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten. Diese müssen jetzt „Vorranggebiete“ kartieren, die für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien im Bereich Sonne und Wind bis 2030 unbedingt erforderlich sind. Für Biomasse-Fernheizwerke und Wasserkraftwerke sind allerdings keine speziellen Gebiete vorgesehen.

Auch bei sinkenden Einkaufspreisen kann die gasbefeuerte Stromerzeugung im Wettbewerb mit erneuerbaren Energieträgern nicht bestehen. Eine kürzlich präsentierte Studie von Rystad Energy – dem größten  unabhängigen Energieconsultingunternehmen in Norwegen und einem der weltweit führenden Analysten für die Öl- und Gasindustrie– zeigt, dass bei den aktuellen Gaspreisen der Betrieb von Gaskraftwerken in Europa langfristig zehnmal teurer wäre als der Bau neuer Solar-Kraftwerke. Rystad Energy untersuchte die Stromgestehungskosten für die Stromerzeugung aus Gas und Kohle bei unterschiedlichen Preisniveaus und verglich diese mit den Gestehungskosten von Photovoltaik und Windkraft.

Rystad Energy prognostiziert, dass sich die TTF-Preise bis 2030 bei 31 Euro pro MWh stabilisieren werden. Die Stromgestehungskosten der Gaskraftwerke würden dann auf 150 Euro pro MWh sinken. Zum Vergleich: Die Stromgestehungskosten von PV-Anlagen betragen heute nur 50 Euro pro MWh. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Gaskraftwerke sicher zu stellen, müssten die Gaspreise bis auf 17 Euro pro MWh fallen, was kaum vorstellbar ist. 
 
 
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