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Erneuerbare Energie: Ausgebremst

27.01.2022
Es geht einfach nicht voran: Bis 2030 muss Italien die installierte Leistung von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie um 70 Gigawatt steigern, wenn das Land die aktuellen Klimaziele der EU erreichen will. In den vergangenen sieben Jahren betrug der in Italien jährlich realisierte Leistungsanstieg aber nur jeweils 0,8 Gigawatt – und mit diesem Tempo können die aktuellen EU-Vorgaben keinesfalls vor 2100 erreicht werden. Das stellt die Umweltorganisation Legambiente in ihrem ausführlichen Bericht „Schach den Erneuerbaren“ („Scacco matto alle fonti rinnovabili“) unmissverständlich fest.

Legambiente hat regionale Gesetze sowie die komplexen bürokratischen Vorgänge zur Vergabe von Konzessionen und Betriebsgenehmigungen durch öffentliche Verwaltungen – von den Regionen und Gemeinden bis zu den Dienststellen des Staates – analysiert. Wer "grüne" Energie erzeugen will, braucht demnach einen langen Atem: So sind zur Inbetriebnahme einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie heute in der Regel elf unterschiedliche Schritte notwendig – von mehreren Umweltverträglichkeitsprüfungen und unterschiedlichen technischen Gutachten bis zur finalen Konzessionserteilung.

Die Folge: Eine Vielzahl von Vorschriften und Verfahren verlängert das durchschnittliche Genehmigungsverfahren für den Bau eines Windparks heute auf mindestens fünf Jahre, während die gesetzlichen Bestimmungen eigentlich nur sechs Monate vorsehen. Zudem fehlt ein gesamtstaatliches einheitliches Regelwerk. So gilt das vereinfachte Genehmigungsverfahren (Procedura Abilitativa Semplificata – PAS) beim Bau einer Windkraft-Anlage im Piemont unter einer Nennleistung von 60 Kilowatt (kW), in Südtirol unter einem Megawatt (MW) und in Ligurien unter 200 kW. Regionen wie Molise, Umbrien oder die Emilia-Romagna haben Gebiete ausgewiesen, in denen der Bau von neuen Windparks, Biogasanlagen oder Solarkraftwerken nicht genehmigt werden kann, in anderen Regionen sind derartige Ausschluss-Regelungen nicht vorhanden.

"Nicht in meinem Garten" und "nicht in meiner Amtszeit": In dem Bericht hat Legambiente 20 Beispiele aufgelistet, die belegen, wie der Ausbau erneuerbarer Energien von Bürgern und Beamten verhindert oder behindert wird. So beantragte das Unternehmen Energia Wind 2020 in der Emilia Romagna die Errichtung eines Off-Shore-Windparks. Zehn bis 22 Kilometer vor der Adriaküste sollten 59 Windräder entstehen. Widerstände in der Gemeinde Rimini führten bereits zu einer Verkleinerung des Projekts. Dennoch halten die Proteste gegen das so genannte „Öko-Monster“ im Meer weiterhin an. Ein anderes Beispiel: Auf den Hügeln des Mugello in der Toskana plant der Energieversorger AGSM ebenfalls einen Windpark mit acht 165 Meter hohen Turbinen. Während sich die Anliegergemeinden sowie die Region Toskana positiv zu dem Projekt geäußert hatten, protestierte das zuständige Denkmalschutzamt und forderte den Verzicht von drei der acht Windturbinen. Zudem sprachen sich Bürgerinitiativen und Verbände gegen ein Projekt aus, das noch heute weit davon entfernt ist, jemals realisiert zu werden.

Das Fazit von Legambiente: "Es ist leicht zu erkennen, dass viele der vorgebrachten Einwände kaum Raum für einen Dialog, für Verbesserungen oder für Veränderungsvorschläge lassen.'" Das sei "die direkte Folge von einseitigen Top-down-Ansätzen und dem Verzicht auf partizipative Prozesse in der frühen Phase der Projekterstellung". Dazu komme "ein sehr geringes Informationsniveau, das wiederum ein großes Feld für Fake News aller Art offen lässt".


Link: Der Bericht von Legambiente




 
 
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