Erdgas und Atomstrom: Alles „grün“?
29.11.2021
Mehrere EU-Mitgliedsstaaten haben die Europäische Kommission aufgefordert, der Kernenergie im Rahmen der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen, die als Leitfaden für klimafreundliche Investitionen dient, ein „grünes“ Label zu verleihen. Unter den Ländern, die sich für Atomstrom einsetzen, gibt es zudem eine kleinere Fraktion, die sich für fossiles Erdgas als Übergangsbrennstoff einsetzt. Erlebt die Kernenergie – im Rahmen der „Energiewende“ – eine Renaissance?
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron will in Zukunft nukleare Minikraftwerke bauen. Der Grund: Großanlagen zur Produktion von Atomstrom sind zu teuer und daher betriebswirtschaftlich ineffizient.
Dazu ein Beispiel aus Frankreich: 2005 beschloss die Electricité de France (EDF), das AKW in Flamanville an der Küste der Normandie durch einen Reaktor der neusten Technologie zu ersetzen. Der Nuklearkonzern AREVA, wie die EDF zu rund 85 Prozent in Staatsbesitz, sollte dort einen Druckwasserreaktor neuster Technologie bauen. AREVA bezeichnete diesen Evolutionary Power Reactor (EPR) als „Rolls Royce du nucléaire“. Ursprünglich ging EDF von Baukosten in Höhe von 3,2 Milliarden Euro aus. Die Inbetriebnahme war 2012 geplant. Inzwischen legt sich EDF nicht mehr auf eine Jahreszahl fest. Der französische Rechnungshof schätzt die Gesamtkosten für Bau und Finanzierung heute auf 19,1 Milliarden Euro.
Zudem ist das Problem der so genannten „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle bis heute – auch für Mini-Reaktoren – noch nicht gelöst. So hatte die von Barak Obama geführte US-Regierung das Projekt eines geologischen Endlagers für US-Atommüll in Yucca Mountain schon 2012 aufgegeben. Noch heute, 70 Jahre nachdem die nukleare Verstromung in den USA erfunden worden ist, gibt es dort keine Lösung für die Entsorgung des Atommülls. Übrigens: Zwanzig Jahre nach der von George W. Bush 2001 eingeleiteten „nuklearen Renaissance" ist in den USA noch kein einziger Reaktor der jüngsten Generation III+ in Betrieb genommen worden.
Stichwort Erdgas: Laut einer Studie des internationalen Wissenschaftsnetzwerks Energy Watch Group (EWG) trägt der Wechsel von Kohle zu Erdgas nicht zum Klimaschutz bei. Dazu einige Fakten: Ein Hauptbestandteil von Erdgas ist das Treibhausgas Methan, das entsteht, wenn organische Materialien ohne Sauerstoff zersetzt werden, etwa beim Verrotten in Mooren und Sümpfen, auf dem Meeresboden oder in den Mägen von Wiederkäuern. Zwar stoßen Gaskraftwerke weniger CO₂ aus als Kohlekraftwerke. Aber die Treibhausemissionen bei der Nutzung von Erdgas können nur dann ermittelt werden, wenn man den gesamten Zyklus der Versorgungskette, von der Gasförderung über den Gastransport bis zum Gasverbrauch betrachtet. Laut der EWG-Studie entweichen erhebliche Mengen des Methananteils bei der Förderung oder auf den Transportwegen und damit vor der eigentlichen Verbrennung. Auch das in Italien – und in Südtirol – konsumierte Erdgas legt weite Wege zurück: 2019 stammten 46 Prozent aller italienischen Gasimporte aus Russland. 18,8 Prozent wurden in Algerien gefördert, 9,2 Prozent in Katar, 8,7 Prozent aus Norwegen und acht Prozent aus Libyen.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron will in Zukunft nukleare Minikraftwerke bauen. Der Grund: Großanlagen zur Produktion von Atomstrom sind zu teuer und daher betriebswirtschaftlich ineffizient.
Dazu ein Beispiel aus Frankreich: 2005 beschloss die Electricité de France (EDF), das AKW in Flamanville an der Küste der Normandie durch einen Reaktor der neusten Technologie zu ersetzen. Der Nuklearkonzern AREVA, wie die EDF zu rund 85 Prozent in Staatsbesitz, sollte dort einen Druckwasserreaktor neuster Technologie bauen. AREVA bezeichnete diesen Evolutionary Power Reactor (EPR) als „Rolls Royce du nucléaire“. Ursprünglich ging EDF von Baukosten in Höhe von 3,2 Milliarden Euro aus. Die Inbetriebnahme war 2012 geplant. Inzwischen legt sich EDF nicht mehr auf eine Jahreszahl fest. Der französische Rechnungshof schätzt die Gesamtkosten für Bau und Finanzierung heute auf 19,1 Milliarden Euro.
Zudem ist das Problem der so genannten „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle bis heute – auch für Mini-Reaktoren – noch nicht gelöst. So hatte die von Barak Obama geführte US-Regierung das Projekt eines geologischen Endlagers für US-Atommüll in Yucca Mountain schon 2012 aufgegeben. Noch heute, 70 Jahre nachdem die nukleare Verstromung in den USA erfunden worden ist, gibt es dort keine Lösung für die Entsorgung des Atommülls. Übrigens: Zwanzig Jahre nach der von George W. Bush 2001 eingeleiteten „nuklearen Renaissance" ist in den USA noch kein einziger Reaktor der jüngsten Generation III+ in Betrieb genommen worden.
Stichwort Erdgas: Laut einer Studie des internationalen Wissenschaftsnetzwerks Energy Watch Group (EWG) trägt der Wechsel von Kohle zu Erdgas nicht zum Klimaschutz bei. Dazu einige Fakten: Ein Hauptbestandteil von Erdgas ist das Treibhausgas Methan, das entsteht, wenn organische Materialien ohne Sauerstoff zersetzt werden, etwa beim Verrotten in Mooren und Sümpfen, auf dem Meeresboden oder in den Mägen von Wiederkäuern. Zwar stoßen Gaskraftwerke weniger CO₂ aus als Kohlekraftwerke. Aber die Treibhausemissionen bei der Nutzung von Erdgas können nur dann ermittelt werden, wenn man den gesamten Zyklus der Versorgungskette, von der Gasförderung über den Gastransport bis zum Gasverbrauch betrachtet. Laut der EWG-Studie entweichen erhebliche Mengen des Methananteils bei der Förderung oder auf den Transportwegen und damit vor der eigentlichen Verbrennung. Auch das in Italien – und in Südtirol – konsumierte Erdgas legt weite Wege zurück: 2019 stammten 46 Prozent aller italienischen Gasimporte aus Russland. 18,8 Prozent wurden in Algerien gefördert, 9,2 Prozent in Katar, 8,7 Prozent aus Norwegen und acht Prozent aus Libyen.