Energiegemeinschaft Vinschgau: Win & Win
30.09.2024
Im Vinschgau wurde die größte Energiegemeinschaft in Italien gegründet. Der geschäftsführende Verwaltungsrat des E-Werks Prad Michael Wunderer spricht über dieses Zukunftsprojekt und die Vorteile für Haushaltskunden und Unternehmen.
Welche Akteure haben die Energiegemeinschaft im Vinschgau (EVi) im Frühjahr 2024 gegründet und – vor allem – warum hat man sich zu diesem Schritt entschlossen?
Energie Vinschgau Venosta - so lautet der Name der Energiegemeinschaft - wurde von den 13 Gemeinden der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und den Gemeinden Naturns und Plaus gegründet. Die 15 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind Gründungsmitglieder. Als geschäftsführender Verwaltungsrat des E-Werks Prad habe ich die Bezirksgemeinschaft Vinschgau 2022 davon überzeugt, eine eigene Energiegemeinschaft aufzubauen. In Zusammenarbeit mit BASIS Vinschgau haben wir dann Fördergelder, die der staatliche Wiederaufbauplan PNRR für Green Communities zur Verfügung stellt, beantragt. Diese Förderung deckt nicht nur die Start-Up-Kosten bis zum Beginn des operativen Betriebs ab, sondern ermöglicht auch die Errichtung neuer Photovoltaikanlagen und Stromspeicherkapazitäten, die von den Gemeinden dann mitfinanziert werden. Mit dieser Energiegemeinschaft haben die Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich noch stärker für die Energiewende einzubringen. Die Energiegemeinschaft steht nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Energiegenossenschaften und Konsortien im Tal, sondern ist vielmehr eine Ergänzung. Deshalb stellen die lokalen Energiebetriebe für dieses Projekt eigene Ressourcen wie etwa ihre Kundenschalter zur Verfügung.
In diesem Herbst soll die Energiegemeinschaft im Vinschgau ihre operative Arbeit aufnehmen. Was ändert sich dadurch konkret für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Energie Vinschgau beigetreten sind?
Die Antwort ist einfach, denn es ändert sich gar nichts. Die Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben bei ihrem Vertrauenslieferanten. Durch die Mitgliedschaft bei Energie Vinschgau erhalten sie allerdings eine jährliche Auszahlung in der Höhe von zirka zehn Prozent einer jährlichen Standardstromrechnung. Der Stromproduzent hingegen verkauft weiterhin seinen Strom, wo er will. Als EVi-Mitglied erhält er für die eingespeiste Energie ebenfalls eine zusätzliche Auszahlung. Die Auszahlungspreise hängen letztlich von der insgesamt geteilten Energie aller Mitglieder ab. Je höher diese ist, desto besser.
Wird für die operative Führung von Energie Vinschgau eine eigene Verwaltung aufgebaut?
Die Verwaltung ist am Anfang sehr schlank organisiert. Der Verwaltungsrat besteht aus drei Mitgliedern mit dem Präsidenten Georg Altstätter, also dem Bürgermeister von Martell. Außerdem wird der Verwaltungsrat durch ein technisches Team mit meiner Person als Vertreter des E-Werks Prad und des Südtiroler Energieverbands sowie mit Alexander Telser vom VEK unterstützt. Die Mitgliedsanträge werden in der Anlaufphase in den Kundenbüros der lokalen Energiebetriebe bearbeitet. In Zusammenarbeit mit Raiffeisen Energy werden die Anträge dann in die entsprechenden Systeme eingepflegt.
Welche Vorteile bringt eine Mitgliedschaft in der Energiegemeinschaft im Vinschgau für private Haushalte und Business-Kunden?
Produzenten und Konsumenten erhalten anteilsmäßige „Ausschüttungen", die sich aus den Einnahmen der Energiegemeinschaft aufgrund der virtuell geteilten Energie ergeben. Produzenten haben eine zusätzliche Einnahmequelle und für Konsumenten gibt es einen Bonus, mit den diese dann ihre Energiekosten reduzieren können.
Heute ist EVi mit 25.000 Verbrauchspunkten die größte Energiegemeinschaft in Italien. Ist dieses Modell auch auf andere Südtiroler Landesteile übertragbar?
Ja durchaus. Es gibt bereits weitere Energiegemeinschaften in Südtirol, die einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben. An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass es weitere Konfigurationen gibt, die vom Gesetzgeber gefördert werden. Beispielweise der Eigenverbrauch in Mehrfamilienhäusern und der Eigenverbrauch zwischen zwei Parteien innerhalb eines Einzugsbereichs.
Was unterscheidet die italienische Gesetzgebung hinsichtlich der Energiegemeinschaften von den entsprechenden Modellen in Deutschland und Österreich?
Im Wesentlichen unterscheiden sich die Energiegemeinschaften dadurch, dass beispielweise in Italien nur neue Produktionsanlagen Förderungen erhalten. Außerdem gibt es in Italien noch wenig Energiegemeinschaften, nachdem erst Anfang des Jahres 2024 die entsprechenden Gesetze von den zuständigen Behörden mit einer Verspätung von knapp zwei Jahren veröffentlicht wurden. Im Detail unterscheiden sich die Energiegemeinschaften insbesondere in der Verwaltung und in der Abrechnung. Das Modell in Italien ist aufwändig, vor allem in der Anfangsphase, später scheint der automatisierte Datenaustausch mit dem GSE und die Verrechnung klarer strukturiert zu sein. In Österreich hat sich auf diesem Gebiet am meisten getan, in der Schweiz etwas und in Deutschland noch sehr wenig.
Für welche Konfiguration und Rechtsform hat man sich im Vinschgau entschieden?
Für die Genossenschaft. Energie gehört schließlich uns allen.
Welche Akteure haben die Energiegemeinschaft im Vinschgau (EVi) im Frühjahr 2024 gegründet und – vor allem – warum hat man sich zu diesem Schritt entschlossen?
Energie Vinschgau Venosta - so lautet der Name der Energiegemeinschaft - wurde von den 13 Gemeinden der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und den Gemeinden Naturns und Plaus gegründet. Die 15 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind Gründungsmitglieder. Als geschäftsführender Verwaltungsrat des E-Werks Prad habe ich die Bezirksgemeinschaft Vinschgau 2022 davon überzeugt, eine eigene Energiegemeinschaft aufzubauen. In Zusammenarbeit mit BASIS Vinschgau haben wir dann Fördergelder, die der staatliche Wiederaufbauplan PNRR für Green Communities zur Verfügung stellt, beantragt. Diese Förderung deckt nicht nur die Start-Up-Kosten bis zum Beginn des operativen Betriebs ab, sondern ermöglicht auch die Errichtung neuer Photovoltaikanlagen und Stromspeicherkapazitäten, die von den Gemeinden dann mitfinanziert werden. Mit dieser Energiegemeinschaft haben die Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich noch stärker für die Energiewende einzubringen. Die Energiegemeinschaft steht nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Energiegenossenschaften und Konsortien im Tal, sondern ist vielmehr eine Ergänzung. Deshalb stellen die lokalen Energiebetriebe für dieses Projekt eigene Ressourcen wie etwa ihre Kundenschalter zur Verfügung.
In diesem Herbst soll die Energiegemeinschaft im Vinschgau ihre operative Arbeit aufnehmen. Was ändert sich dadurch konkret für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Energie Vinschgau beigetreten sind?
Die Antwort ist einfach, denn es ändert sich gar nichts. Die Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben bei ihrem Vertrauenslieferanten. Durch die Mitgliedschaft bei Energie Vinschgau erhalten sie allerdings eine jährliche Auszahlung in der Höhe von zirka zehn Prozent einer jährlichen Standardstromrechnung. Der Stromproduzent hingegen verkauft weiterhin seinen Strom, wo er will. Als EVi-Mitglied erhält er für die eingespeiste Energie ebenfalls eine zusätzliche Auszahlung. Die Auszahlungspreise hängen letztlich von der insgesamt geteilten Energie aller Mitglieder ab. Je höher diese ist, desto besser.
Wird für die operative Führung von Energie Vinschgau eine eigene Verwaltung aufgebaut?
Die Verwaltung ist am Anfang sehr schlank organisiert. Der Verwaltungsrat besteht aus drei Mitgliedern mit dem Präsidenten Georg Altstätter, also dem Bürgermeister von Martell. Außerdem wird der Verwaltungsrat durch ein technisches Team mit meiner Person als Vertreter des E-Werks Prad und des Südtiroler Energieverbands sowie mit Alexander Telser vom VEK unterstützt. Die Mitgliedsanträge werden in der Anlaufphase in den Kundenbüros der lokalen Energiebetriebe bearbeitet. In Zusammenarbeit mit Raiffeisen Energy werden die Anträge dann in die entsprechenden Systeme eingepflegt.
Welche Vorteile bringt eine Mitgliedschaft in der Energiegemeinschaft im Vinschgau für private Haushalte und Business-Kunden?
Produzenten und Konsumenten erhalten anteilsmäßige „Ausschüttungen", die sich aus den Einnahmen der Energiegemeinschaft aufgrund der virtuell geteilten Energie ergeben. Produzenten haben eine zusätzliche Einnahmequelle und für Konsumenten gibt es einen Bonus, mit den diese dann ihre Energiekosten reduzieren können.
Heute ist EVi mit 25.000 Verbrauchspunkten die größte Energiegemeinschaft in Italien. Ist dieses Modell auch auf andere Südtiroler Landesteile übertragbar?
Ja durchaus. Es gibt bereits weitere Energiegemeinschaften in Südtirol, die einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben. An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass es weitere Konfigurationen gibt, die vom Gesetzgeber gefördert werden. Beispielweise der Eigenverbrauch in Mehrfamilienhäusern und der Eigenverbrauch zwischen zwei Parteien innerhalb eines Einzugsbereichs.
Was unterscheidet die italienische Gesetzgebung hinsichtlich der Energiegemeinschaften von den entsprechenden Modellen in Deutschland und Österreich?
Im Wesentlichen unterscheiden sich die Energiegemeinschaften dadurch, dass beispielweise in Italien nur neue Produktionsanlagen Förderungen erhalten. Außerdem gibt es in Italien noch wenig Energiegemeinschaften, nachdem erst Anfang des Jahres 2024 die entsprechenden Gesetze von den zuständigen Behörden mit einer Verspätung von knapp zwei Jahren veröffentlicht wurden. Im Detail unterscheiden sich die Energiegemeinschaften insbesondere in der Verwaltung und in der Abrechnung. Das Modell in Italien ist aufwändig, vor allem in der Anfangsphase, später scheint der automatisierte Datenaustausch mit dem GSE und die Verrechnung klarer strukturiert zu sein. In Österreich hat sich auf diesem Gebiet am meisten getan, in der Schweiz etwas und in Deutschland noch sehr wenig.
Für welche Konfiguration und Rechtsform hat man sich im Vinschgau entschieden?
Für die Genossenschaft. Energie gehört schließlich uns allen.